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Rechtsanwältin Bals
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Schmerzensgeld für Verletzungen im Intimbereich

Vor sechs Jahren wurde bei einem 27-jährigen Italiener ein Tumor im linken Hoden diagnostiziert. Der junge Mann ließ sich in einem Krankenhaus im norditalienischen Verona operieren. Statt des befallenen Hodens schnitt der Chirurg versehentlich den gesunden Hoden heraus. Nachdem der Irrtum entdeckt worden war, wurde dem Patienten auch der zweite Hoden entfernt. Der junge Italiener ist seit der missglückten Operation zeugungsunfähig. Das Krankenhaus und der behandelnde Arzt wurden jetzt verurteilt, an den jungen Mann eine Entschädigung von 180.000 Euro zu zahlen.Mit der Entschädigungssumme blieb das Gericht deutlich hinter den Forderungen des Klägers zurück. Seine Anwälte hatten gut 1,9 Millionen Euro für ihren Mandanten gefordert.

In Deutschland ist ein verletzter Hoden weniger wert. Das Schmerzensgeld für den Verlust eines Hodens beginnt bei 12.500 Euro (ohne Mitverschulden) und reicht bis circa 20.000 Euro. Bei Verlust eines Hodens bleibt in der Regel die Zeugungsfähigkeit des Mannes voll erhalten. Die Gerichte gehen davon aus, dass die optische Beeinträchtigung durch eine Hodenprothese mühelos ausgeglichen werden kann. Führt der Verlust des Hodens zur dauerhaften Zeugungsunfähigkeit, reicht das Schmerzensgeld in Deutschland bis 50.000 Euro. Beachtlich sind auch die Schmerzensgeldbeträge, die Männer als „Opfer“ einer missglückten Penisverlängerung beziehungsweise Penisprothese erstritten haben.

Anders in Deutschland bei der Frau: Für den Verlust der Gebärmutter, der unwiederbringlich die Unfruchtbarkeit der Frau bedeutet, werden von den Gerichten immer noch Schmerzensgelder in Höhe von 15.000 Euro für ausreichend gehalten. Nur im Einzelfall war bei Nachweis besonderer Schmerzen und psychischer Folgeschäden ein höheres Schmerzensgeld von circa 40.000 Euro zu erzielen. Aus diesem Grund ist in namhaften juristischen Lehrbüchern die bewusst provokative Aufforderung zu finden, „dass Anwälte und Richter/innen der unterschiedlichen Behandlung von Männern und Frauen ‚im Genitalbereich’ endlich ein Ende bereiten sollten!"

Im internationalen Vergleich liegen die in Deutschland vor Gericht erstrittenen Schmerzensgelder deutlich im unteren Bereich. Die Bereitschaft der Haftpflichtversicherer zur angemessenen Schadensregulierung ist eher außergerichtlich – zur Vermeidung eines langwierigen Rechtsstreits – erkennbar.

Der Artikel wurde in der mkv-Apothekenkombi (17. Ausgabe 06, 08/2010) erstmals veröffentlicht.

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