In unserer Kanzlei haben wir immer wieder mit Schadensfällen zu tun, die nicht nach den klassischen deutschen oder internationalen Regeln zum Schadenersatz und Schmerzensgeld abgewickelt werden können, weil die Gegenseite die Regeln nicht kennt oder nicht anerkennt.
In diesem Zusammenhang ein Maß dafür zu finden, wie die Höhe von Schmerzensgeld aussehen kann, ist angesichts der fehlenden Rechtsprechung und Fortentwicklung derselbigen nicht einfach. Der Artikel soll eine Hilfestellung geben und über die aktuellen Entwicklungen bei unseren Verhandlungen weltweit informieren.
Tatsächlich beruhen die Erfahrungen zum großen Teil auf Selbsterfahrungen und können nicht grundsätzlich verallgemeinert werden. Jedoch bildete sich über die letzten Jahre ein gewisser Standard heraus, der für nicht in den USA klagende Mandanten gelten kann.
So unterschiedlich das amerikanische Schadenersatzrecht von dem deutschen auch sein mag, im Bereich der Schmerzensgeldhöhe sind die Systeme in ihrer Wirkung vergleichbar. Die teilweise fantastisch anmutenden Schmerzensgeldhöhen, die von US Gerichten festgesetzt werden, sind auch in Deutschland theoretisch denkbar. Wir verfügen über kein nach oben abgeschlossenes Schmerzensgeldsystem und insofern könnte jeder Richter jeden Tag in unserem Land das höchste Schmerzensgeld aussprechen. Dieser Umstand ist häufig den Verhandlungspartnern im internationalen Bereich nicht bekannt. Grundsätzlich weiß man, dass lediglich die USA sehr hohe Schadenersatz- und Schmerzensgeldsummen aussprechen, vom deutschen Recht nimmt man an, dass regelmäßig nur ganz geringe Schmerzensgeld-beträge ausgesprochen werden. Für Verhandlungen über Schmerzensgeldhöhen ist dieses Argument der Gegenseite ein häufig verwandtes, dem man aber in vielen Fällen mit den obigen Darstellungen begegnen kann.
Schwieriger ist es schon mit bestimmten juristischen Hürden argumentativ klarzukommen. Auch die von unserer Kanzlei bearbeiteten Fälle, die wir jüngst bei schmerzensgeld.info einstellten, stammen aus dem Bereich des Terrorismus (Fall-Nrn: 101068, 101069, 101070, 101071, 101072, 101073, 101074, 101075, 101076, 101077, 101078, 101079, 101080, 101081, 101082, 101083,).
80 % des weltweit durchgeführten Terrorismus ist Staatsterrorismus. Unsere Verhandlungspartner sind in Folge dessen die Auftraggeber von Terroranschlägen und erfindungsreich in der Kunst die Verantwortung für die begangenen Taten von sich zu weisen. Unter anderem wird immer wieder das Argument der Verjährung eingeführt. Natürlich ist das Argument für sich genommen schon schwierig, da die Wiederherstellung des Rechtsfriedens im zivilrechtlichen Bereich ursprünglich für den Konsens in unserer bürgerlichen Gesellschaft gedacht war, jedoch nicht als Schutzargument für die Industrie oder fremde Staaten. Argumentativ kann man allerdings aufgrund der teilweise langen Verhandlungszeiträume der Ablauf der Verjährungsfrist gut begegnen.
Wenn alle diese Hürden überwunden sind, kommt es in die entscheidende Phase der Taxierung der Kompensation der Schmerzen. In den Fällen der Terroranschläge Libyens in den achtziger Jahren wurde zum Beispiel für ein amerikanisches Opfer ein Schmerzensgeld von 3 Millionen US-Dollar von einem US-Gericht festgesetzt. Für ein verstorbenes amerikanisches Opfer gab es ein Schmerzensgeld von 10 Millionen US-Dollar.
Tatsächlich hat jüngst die neue Regierung in Benghasi (Libyen) bei internen Verhandlungen eingeräumt für ein verletztes Opfer eine Kompensationssumme von 3 Millionen US-Dollar anzuerkennen und für ein verstorbenes Opfer 10 Millionen US-Dollar. Damit hat erstmals ein Staat (wenn auch nur teilweise anerkannt) pauschal festgelegt, wie Geschädigte staatlichen Handelns in Zukunft entschädigt werden sollen. Man darf aufgrund dieser Festlegung zumindest für den arabischen Raum davon ausgehen, dass diese Sätze für alle Opfer von Staatsterror gelten.
Bis dahin war allgemein anerkannt im arabischen Raum, dass für ein verstorbenes nichtamerikanisches Opfer ein Schmerzensgeld von 1 Million US-Dollar ausgesprochen wird. Damit hatten grundsätzlich alle Verhandlungspartner nie ein Problem. Dies ist wichtig zu wissen, weil in den USA wie auch im arabischen Raum der Tod den Maximalschaden darstellt und nicht wie in Deutschland den Minimalschaden. Mit diesem grundsätzlichen Denken ist auch klargestellt, dass Schäden, je näher sie den Menschen an den Tod führen einen höheren Schmerzensgeldbetrag bedingen. So gab es in der Vergangenheit eine Staffelung je nach Heftigkeit der körperlichen Einwirkung zwischen 100.000 und 700.000 US-Dollar.
Die zuletzt eingestellten Fälle weichen von diesem System ab. Ursache hierfür waren die Rahmenbedingungen, unter denen ein Abschluss zu erzielen war. Die zeitlichen Vorgaben drängten auf eine schnelle Entscheidung, der Kreis der betroffenen Opfer konnte erst während der Verhandlungen tatsächlich bestimmt werden, so dass eine Einmalzahlung und eine Verteilung nach Kopfteilen unter den Opfern vereinbart wurde. So erklären sich die summenmäßig völlig identische Behandlung eines Opfers mit einer posttraumatischen Belastungsstörung und eines Opfers mit Wunden am ganzen Körper.
Oftmals gibt es für diese Form der Verhandlungen nur ein kleines historisches Zeitfenster, in dem die Verhandlungen begonnen und abgeschlossen werden müssen. Da die Erklärung der Benghasi-Regierung zeitlich nach dem Abschluss der eingestellten Fälle geschah, behalten die oben gemachten Aussagen ihre Richtigkeit.