Die Klägerin wollte sich im Friseursalon der Beklagten die Haare blond färben und "ein paar Stränchen machen" lassen. Nach dem Friseurbesuch musste die Klägerin feststellen, dass ihr am hinterkopf etliche Haare ausfielen, woraufhin die Beklagte der klägerin das Honorar in Höhe von 59,- EUR erstattete.Es blieb jedoch nicht beim Haarausfall, sondern die Kopfhaut am hinterkopf begann zu brennen. Der sodann aufgesuchte Hautarzt stellte sodann eine Verätzung 3. Grades fest und verschrieb der Klägerin Cortison. Die Ursache der Verätzung - unstreitig - ging darauf zurück, dass das Blondierungsmittel versehentlich auf die Kopfhaut der Klägerin aufgetragen wurde. Dies hatte schließlich zur Konsequenz, dass der Klägerin eine 5 x 5 cm kahle Stelle verblieb, an der keine Haare mehr wachsen. Eine operative Haarverpflanzuung lehnte die Klägerin wegen großer Infektionsgefahr ab.
Vorprozessual wurde der Klägerin von der Haftpflichtversicherung der Beklagten ein schmerzensgeld von 1.000,- EUR bezahlt und zur Abgeltung weitere 4.000,- EUR angeboten.
Die Klägerin begeht demgegenüber ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,- EUR. Dies begründet sie wie folgt: Sie habe sich 15 mal in ambulante Behandlung begen müssen und habe starke Schmerzen empfunden. Zudem sei sie eine hübsche Frau gewesen, nunmehr dauerhaft entstellt und psychisch am Boden zerstört. Ferner seien ihre Heiratschancen gemindert. Die Klägerin verweist schließlich auf das Regulierungsverhalten* der Haftpflichtversicherung, das nach ihren Angaben unerträglich gewesen sei.
Die Beklagten erkennen einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 4.000,- EUR (somit gesamt 5.000,- EUR) an und verteidigen sich damit, dass die Schmerzensgeldforderung von 20.000,- EUR maßlos übertrieben sei und die Klägerin durch das Unterlassen der Haarverpflanzung gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe.
Das Landgericht Coburg führt zunächst aus, dass die Klägerin nicht gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen habe, indem sie sich gegen eine Haaroperation entschied. Operationen sind stets mit Risiken verbunden und können der Klägerin icht aufgedrängt werden. Das Gericht erkannte, dass die Klägerin über Monate an erheblichen Schmerzen litt und es sich bei der kahlen stelle um einen Dauerschaden handelt. Dieser entstelle die Klägerin jedoch nicht, weil sie - bei der derzeitigen Frisur der Klägerin - nicht zu sehen sei.Das Gericht verkennt zwar die psychische Belastung dieser Verletzung nicht, mißt ihr aber nicht eine derartige Bedeutung bei, dass gar die Heiratschance der klägerin geschmälert seien.
Das Gericht zieht sodann einen Vergleich mit anderen entschiedenen Verletzungen und setzt die hierzu entschiedenen Schmerzensgeldbeträge zum vorliegenden Fall in Verhältnis.Insbesondere vergleicht das Gericht die vorliegende Verletzung mit einem bereits 2005 entschiedenen Fall des Oberlandesgericht Saarbrücken (http://www.schmerzensgeld.info/fallview.aspx?fall_id=cdeaa5f8-d133-4509-8153-c9c9bdda4a41). Dort wurde einer Frau ein 12 x 15 cm großes Stück Kopfhaut mitsamt der Haare ausgerissen. Bei dieser Skalpierungsverletzung sei ein Schmerzensgeld von 8.000,- EUR zugesprochen worden weshalb im vorliegenden Fall nur von einem Schmerzensgeld in geringerer Höhe auszugehen sei. Das Gericht weist sodann die über das Anerkenntnis in Höhe von 4.000,- EUR hinausgehende Klage ab, spricht der Klägerin damit ein Schmerzensgeld von 5.000,- EUR zu.
Urteil Landgericht Coburg vom 29.07.2009 - Az.: 21 O 205 / 09
* Hinweis: Zögerliches Regulierungsverhalten kann schmerzensgelderhöhend wirken. Siehe hierzu: Fachartikel von Rechtsanwalt Dr. Schäfer (http://www.schmerzensgeld.info/schmerzensgeld-regulierungsverzoegerung-versicherung-20/fachartikeldetail.aspx).