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Rechtsanwältin Bals
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Beweislast beim groben Behandlungsfehler

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Verlagerung der Beweislast auf die Behandlungsseite nach einem groben Behandlungsfehler nur dann ausgeschlossen, wenn es äußerst unwahrscheinlich ist, dass der beim Patienten eingetretene Schaden auf den Fehler zurückzuführen ist oder der Patient durch sein Verhalten in gleicher Weise wie der grobe Behandlungsfehler des Arztes dazu beigetragen hat, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann. Der Rechtstreit wurde zur weiteren Beweisaufnahme an das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückverwiesen.

ANMERKUNG
Der Behandlungsfehler, der Gegenstand des Streites war, liegt schon etliche Jahre zurück. Die hier kommentierte Entscheidung des Bundesgerichthofs datiert vom 8.1.2008. Dies veranschaulicht die mögliche Verfahrensdauer eines arzthaftungsrechtlichen Verfahrens, das alle Instanzen durchläuft.

DAS PROBLEM
Wieder hat der Bundesgerichtshof als höchste Instanz die Entscheidung von zwei Instanzgerichten, dem Land- und Oberlandesgericht Karlsruhe, aufgehoben, weil die Grundsätze zur Verteilung der Beweislast zwischen der Patienten- und der Behandlungsseite nicht richtig angewandt wurden (BGH, Urt. v.8.1. 2008 – GesR 2008, 208f).

DER FALL
Der Kläger war Berufsfußballspieler. Ihm wurde Mitte 1983 wegen einer Erkrankung im linken Kniegelenk ein Mix verschiedener Medikamente ins Gelenk injiziert. Die Therapie sollte vom Mannschaftsarzt des Vereins fortgesetzt werden. Wegen dessen Urlaubsabwesenheit suchte der Kläger den späteren Beklagten auf. Dieser injizierte erneut den empfohlenen Medikamenten-Mix in das linke Kniegelenk des Klägers. Kurze Zeit später bekam der Kläger Schmerzen. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt und eine operative Versorgung des Kniegelenks wurden erforderlich. Der Kläger konnte wegen seiner Kniebeschwerden längere Zeit den Beruf als Fußballspieler nicht ausüben.

DER VORWURF
Der Kläger machte geltend, der Beklagte habe bei der Injektion die Regeln der Hygiene nicht eingehalten und ihn auch nicht auf das erhöhte Infektionsrisiko einer intraartikulären Injektion (Injektion in das Gelenk hinein) hingewiesen.

DIE VERTEIDIGUNG
Der Beklagte hatte vorgetragen, die Entzündung sei auf eine allergische Reaktion des Knies, die erst zwei bis drei Tage nach der Injektion aufgetreten sei, zurückzuführen und lehnte hierfür jede Haftung ab.

DIE ENTSCHEIDUNG DER GERICHTE
Das Berufungsgericht hat, gestützt auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, zwar angenommen, dass der Beklagte bei der Injektion des Medikamenten-„Cocktails“ gegen grundlegende hygienische Selbstverständlichkeiten verstoßen habe. Dies sei als grober Behandlungsfehler zu werten. Auch spreche das Krankheitsbild in klinischer Hinsicht mehr für eine bakterielle Infektion als für einen Reizerguss nach einer hyperergisch-allergischen Entzündungsreaktion. Allerdings hätten bei der Untersuchung der Ergussflüssigkeit die typischen Erreger für eine durch Hygienemängel verursachte Infektion nicht nachgewiesen werden können. Deshalb könne der Kläger den Vorwurf nicht beweisen. Hier hat das Bundesgericht eingehakt und festgestellt, dass der Kläger nach grob fehlerhafter Behandlung eben nicht beweisen muss, dass es sich um eine Infektion und nicht um eine allergische Reaktion gehandelt hat. Das Berufungsgericht verkenne die Rechtsprechung zur Beweislastverteilung nach groben Behandlungsfehlern und ziehe nicht die gebotenen Folgerungen aus dem Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers.

 

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